Der aktuell vermutlich extremste Avantgardekoch der Welt bestreitet seit kurzer Zeit eine neue Fernsehserie in den USA. Gemeinsam mit seinem Patissier Ben Roche entführt der Küchenchef des Chicagoer Restaurants Moto, Homaro Cantu, die Zuschauer in die ungewöhnlichen Sphären naturwissenschaftlich inspirierter Kochkunst. Noch am vergangenen Montag sprach ich mit dem Dorstener Sternekoch Björn Freitag (Goldener Anker) über das amerikanische Mekka der Avantgardeküche, Chicago. Björn war schon mehrmals bei Cantu und sehr angetan von dessen ungewöhnlichen Rezepturen, auch wenn er sagt, dass über viele Besuche Spannung und Überraschungsmomente leicht abflauen. Hier gibt’s schon mal einen Trailer zur Serie:
Donnerstag, 11. Februar 2010
The flemish primitives (3): Ein Gerät namens Crycotuv
Die blaue Leuchtschrift auf dem blitzenden Edelstahlbehälter wirkt wie ein Ausrufezeichen: Seht her, ich komme aus der Zukunft! Als ich den Crycotuv in der Showküche auf der Bühne entdecke, muss ich an eine Zeile aus Douglas Adams Roman Per Anhalter durch die Galaxis denken: “Ein Huluvu ist ein superintelligenter Schatten von blauer Färbung”.
Der Crycotuv ist ein superintelligentes Gerät mit blauem Schriftzug. Ein Prototyp. Noch. Ein Hybrid, der cryo cooking (also Stickstoffkochen) und Sous-Vide-Technologie miteinander verbindet. Kristof Coppens (Restaurant Apriori, Haaltert / Belgien) stellte es bei den the flemish primitives am Montag in Brügge vor. Es herrschte gespannte Stille in dem mit 1.200 Teilnehmern komplett besetzten Saal des Konzerthauses. Und obwohl mein Pausenkaffee längst Entsorgung einforderte, wagte ich es nicht, den Gang in die keramische Abteilung anzutreten. Denn was ich da auf der Bühne zu sehen bekam, war an Fasziniation kaum zu überbieten. Besser als jede Beschreibung, lässt sich auf folgendem Video nachvollziehen, was mit dem Gerät angestellt werden kann. Atmosphärisch wirkte die Präsentation des crycotuv auf der Konferenz natürlich weitaus eindrucksvoller.
Dienstag, 09. Februar 2010
The flemish primitives (I): So lebendig ist die Molekularküche
Volles Haus im Concertgebouwe von Brügge. Weit über 1.000 Köche, Gastronomen, Wissenschaftler und Journalisten trafen gestern zu den the flemish primitives zusammen, um neue Technologien und Forschungsergebnisse vorzustellen und über kommende Trends zu diskutieren. Das Ende der Molekularküche, wie es der stern in seiner aktuellen Ausgabe herbeischreiben wollte (der kompottsurfer berichtete), muss wohl auf einem anderen Planeten stattgefunden haben. In Europa, Asien und Amerika ist das wissenschaftlich basierte und inspirierte Kochen jedenfalls so lebendig wie nie. Nur in Deutschland wagen sich viele Spitzenköche – eingeschüchtert von der Hexenjagd einiger Kritikerfürsten – immer noch nicht aus der Deckung, obwohl sie den neuen Weg längst mitgehen. Nur so ist für mich plausibel zu erklären, warum bei dieser außergewöhnlichen Veranstaltung die Besucher aus Deutschland lediglich an zwei Händen abzuzählen waren. Wer dort gesehen wird, macht sich verdächtig. Okay, vielleicht waren es auch drei Hände. Macht am Ende immer noch eine Quote von weit unter einem Prozent. (weiterlesen…)